Geschätzte Besucherinnen und Besucher unserer Homepage
Wir präsentieren Ihnen eine neue Rubrik mit dem Übertitel «Leben Glauben Hoffen».
Wir laden Sie herzlich ein uns eigene Texte und Bilder bezüglich persönlicher Glaubenserfahrungen, Reflexionen, Gebete und Meditationen zuzusenden.
Mit diesen Beiträgen möchten wir neuen, zeitgemässen Formen der Spiritualität Raum geben und somit den Gemeinschaftssinn stärken.
Auch wertvolle Hinweise oder Impulse zu den spirituell-kulturellen Anlässen im Furttal oder in der Region Zürich sind willkommen.
***
Das ist das Glück
Dein Leben
sei ein Spiegel.
Wenn du hineinschaust,
lächelt er zurück,
immer und wird nie blind.
Dein Leben
sei ein warmer Mantel.
Wenn du ihn umlegst,
suchen noch viele Zuflucht
und sind bei dir geborgen.
Dein Leben
sei eine helle Sonne.
Wenn du dich von ihr erleuchten lässt,
leuchtest du zurück,
immer wieder
und machst deine Finsternis hell.
Dein Leben
sei die Ruhe in Sturmes Mitte.
Wenn du dann einen Halt hast,
ist das „das Glück“.
Uwe Seidel
Was glücklich macht
Den Mut nicht verlieren,
sondern stets den nächsten Schritt wagen.
Die Hände nicht in den Schoß legen,
sondern dem Glück entgegenhalten.
Den Kopf nicht in den Sand stecken,
sondern lebenslustig der Sonne hinhalten.
Die Gedanken nicht um das mögliche Schlimmste kreisen lassen,
sondern an das Gute glauben.
Den Blick nicht neidvoll auf andere richten,
sondern mit jedem Atemzug Dankbarkeit in sich wachsen lassen.
Den Schwierigkeiten nicht zu viel Gewicht verleihen,
sondern mit Wundern rechnen.
Sich nicht selber klein machen,
sondern sich geliebt und gesegnet fühlen.
Claudia Peters
Unsere Vision
Kennst du einen?
Kennst du eigentlich unter deinen Freunden
einen, der gläubig geblieben ist
der, wie man sagt, den Glauben lebt
nicht nur für sich, privat, sondern
der was ausgibt davon, was merken lässt
kennst du einen?
Oder kennst du unter deinen Freunden
einen, der gläubig geworden ist
der, wie man sagt, den Glauben lebt
der nicht nur für sich, privat, sondern
der was ausgibt davon, was merken lässt
kennst du einen?
Wenn nicht, so sei DU dieser eine
der noch immer, schon wieder gläubig ist
der, wie man sagt, den Glauben lebt
nicht nur für sich, privat, sondern
der was ausgibt davon, was merken lässt
sei dieser eine für die anderen!
Lothar Zenetti
Gott kommt in die Finsternis der Menschen
Gott kommt in die Finsternis der Menschen,
auch die Finsternis der Herzen.
Er kommt dorthin, wo Menschen am Rande stehen – am Rande der Gesellschaft.
Menschen, die am Rande ihrer Kräfte angekommen sind.
Er kommt dorthin, wo Fremdheit, Flucht, Armut, Vertreibung, Unfriede – und Unzufriedenheit herrschen. ER kommt – auch zu uns.
Wir kennen doch auch die finsteren Stunden,
die durchwachten, dunklen Nächte,
die nackte Angst,
die grauen Sorgenwolken,
die uns durch den Kopf ziehen,
die Verlassenheit und Einsamkeit,
die uns manchmal beschleichen
und vielleicht auch die Sterbe- und Todesangst,
die sich wie eine dunkle Decke über unser Gemüt legt.
Ja, dort hinein will Gott kommen.
ER wartet darauf, dass wir ihn aufnehmen.
Er wartet darauf, dass wir ihm ganz persönlich sagen:
Gott, ja, du bist willkommen,
zieh ein in mein Herz und in meine Gedanken.
Ja, Gott, du bist willkommen,
ich will dir Platz machen in meinem Alltag
– nicht nur heute an Weihnachten.
Ich will, dass du mitten in meiner oft so dunklen Gemütsverfassung lebst.
Gerade, weil Gott in die Dunkelheit der Welt und des Menschseins kommt,
können wir sicher sein:
Gott lässt uns nicht fallen – auch wenn es noch so schwer ist im Leben.
Gott ist in tiefster dunkler Nacht erschienen,
damit wir ein für allemal sicher sein können:
Wenn es noch so dunkel ist im Leben, im Herzen … nie bin ich gottlos.
Monika Dittmann
Komm, Du heller Gott!
Komm
in unser Dunkel hinein,
in unsere schwarze Nacht,
in unser fragendes Herz,
in unseren zweifelnden Sinn.
Komm, du leuchtender Gott!
Komm
mit Licht und Farbe,
mit Mut und Tatkraft,
mit Frieden und Hoffnung.
Komm, du strahlender Gott!
Komm
mit deinem Feuer und entflamme mich,
mit deinem Atem und belebe mich,
mit deiner Kraft und richte mich auf,
mit deiner Liebe und begeistere mich.
Komm, du lichtvoller Gott!
Komm
in alle Menschen, die lieben
und den Frieden suchen,
in uns, mit uns und durch uns,
und erfülle unser Leben mit deiner Gegenwart.
Komm, du funkelnder Gott!
Komm,
damit deine Geschichte mit uns weitergeht,
damit dein Reich der Liebe sich durchsetzen kann,
damit dein Licht sich ausbreitet.
Komm, Gott!
Komm!
Komm wieder!
Wir erwarten dich!
Werde Mensch auf dieser Welt!
Petra Focke
Der Weg in die Freiheit
Wir können im Grunde nur leben,
wenn wir wieder einmal
einen neuen Anfang machen dürfen.
Und das sagt der christliche Glaube:
Du darfst, immer wieder, ein Leben lang,
neu anfangen.
Im Gebet aber werde ich dann
mit grosser Ehrlichkeit von dem reden,
was schiefgegangen ist, was unrecht war,
worin mein Unglaube besteht,
und um Vergebung bitten.
Und dafür danken, dass es das gibt:
Vergebung und Neuanfang.
Es gibt keinen anderen Weg in die Freiheit
als den Glauben an die Vergebung.
Abspringen von sich selbst.
Sich Gott in die Arme werfen.
Sagen: Nimm mich auf. Trotz allem.
Und dabei frei werden.
Endlich frei und festgehalten
über dem Abgrund der Liebe Gottes.
Jörg Zink
Ausruhen
Nach der Hektik des Tages
brauche ich manchmal eine Bank,
um mich auszuruhen.
So eine Bank ist hin und wieder
ein anderer Mensch,
mit dem ich schweigen kann.
Und manchmal
ruhe ich mich bei Gott aus,
vor dem ich schweigen darf.
Gisela Baltes
„Das waren schöne Zeiten!“
Seit einigen Jahren besuche ich regelmässig einen dementen Menschen in einem Pflegeheim. Trotz aller Gebrechlichkeit, wirkt er freundlich, aufgestellt und zufrieden. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht wiederholt er stets, er sei an diesem Ort gut aufgehoben.
Da die Kommunikation mit solchen Menschen nicht einfach ist, hörte ich ihm besonders aufmerksam zu und beobachtete seine strahlenden Augen. Plus-minus alle zehn Minuten fragte er mich, wer ich sei, was ich mache und wo ich wohne. Ich beantwortete seine Fragen geduldig – wie wenn sie zum ersten Mal gestellt worden wären.
Eines Tages wagte ich einen neuen Weg: Ich fragte Herrn AA, welchen Beruf er ausübte, wie seine Familie aussah und welche Hobbies er pflegte. Plötzlich merkte ich, wie er total aufblühte, während er mir von seiner Leidenschaft für seinen Beruf auf dem Bau erzählte, von seinem Ferienhaus in der Ostschweiz und vom prachtvollen Garten. In jenem Augenblick war er wie verwandelt; keine Spur von Demenz! Als ich ihm einige Fotos von meinem Hobby-Garten zeigte, ergriff ihn tiefe Sehnsucht und er seufzte leise:
- Ach, das waren schöne Zeiten!
Ich nutzte diesen Moment der Erleuchtung und fragte ihn, ob ich etwas für ihn tun könnte. Es fiel mir dabei ein, dass vor kurzem das Fest Allerheiligen und Allerseelen war. Als ich ihm anbot, eine schöne Kerze für seine verstorbene Frau in der Pfarrkirche anzuzünden, leuchteten seine Augen auf und wurden plötzlich feucht. In den Tränen der Freude und der Dankbarkeit widerspiegelte sich sein ganzes Herz.
Ich versprach ihm ganz fest, die Kerze am nächsten Morgen in der Marienkapelle anzuzünden und ein Vaterunser für seine Frau zu beten.
Als ich ihm zum Abschied eine feine Schokolade schenkte, freute er sich wie ein Kind. Dazu bemerkte ich:
- Herr AA, vielen Dank! Es war eine schöne Zeit mit Ihnen…
Marijan Markotić
(Publiziert im Pfarrblatt forum, Nr. 17/2023, Seite Pfarrei Dreikönigen)
Der blinde Leo und die Kinder
Eine Sommergeschichte zum Nachdenken
Den alten Blinden, namens Leo, kannte man praktisch überall in der Umgebung. Mit gekreuzten Händen, gestützt auf seinen Blindenstock, sass er meistens auf einer sonnigen Bank vor der Kirche und genoss die ersten Morgensonnenstrahlen.
Leo war ein Ausnahmemensch! Obwohl er von der Geburt an blind war, sah er - so glaubten viele - besser und mehr, tiefer und weiter, als viele andere Menschen mit gesunden Augen. Einmal gefragt, was er zu seiner Blindheit denke, antwortete er:
- Die Blindheit öffnete mir die Augen der Seele, mit denen ich vieles von dem sehe, was manche Menschen mit gesunden Augen wahrscheinlich nicht sehen.
Obwohl Leo nie auf einer Weltreise war, kamen unzählige Menschen zu ihm, um ihm zu begegnen, und insbesondere, um ihm zuzuhören. Mit all seiner Ruhe, Weitsicht, Intuition, mit Scharfsinn und Milde strahlte er eine unglaubliche Anziehungskraft aus und eroberte die Herzen der Menschen, insbesondere jene der Kinder. Sie suchten ihn regelmässig auf und genossen seine Nähe. Leo war ein Mensch von wenigen Worten und Gesten. Auf seinem Gesicht konnte man ein mildes Lächeln beobachten, welches manchmal melancholische und trübe Züge nachwies.
Wer ihn jedoch länger und genauer beobachtet hatte, der konnte feststellen, dass Leo sprach und lebte als jemand von einem anderen Planeten, als jemand, der die Welt, das Leben und die Ereignisse aus der „Vogel» und nicht aus der „Frosch-Perspektive“ betrachtete. Vielleicht deshalb klangen seine Worte manchmal unverständlich, leer gegenüber der menschlichen Blindheit, Eile, Grobheit, Gemeinheit, Kurzsicht und Ignoranz.
Manche waren davon überzeugt, dass der blinde Leo durchaus in der Lage war, einem die Zukunft vorauszusagen, währendem er die ganze Zeit von der Gegenwart gesprochen hatte. Leo verglich das Leben und den Tod mit einer Sanduhr, die sich - mal nach oben, mal nach unten - umdrehte.
Während viele Menschen glaubten, noch einen ganzen Haufen Sand zur Verfügung zu haben, schüttelte er nur den Kopf, weil er die letzten Sandkörner fliessen sah. Je weniger Sand vorhanden blieb, umso mehr planten sie und hetzten. All jenen, die ihm zahlreiche Fragen stellten, wiederholte er: So lange die Menschen nur über und um sich, und nicht in sich hineinschauen würden, werden sie nichts über sich lernen.
Kein Wunder, dass Leo sich einzig von den Kindern verstanden und angenommen fühlte. Denn den Kindern war es genug, in seiner Nähe zu sein und zuzuhören, was der alte Leo in den Herzen von Menschen sah. Bei diesen Gedanken verlor Leo die Stimme und die Fassung; denn er wollte zu den Kindern ganz ehrlich sein, konnte ihnen aber die menschliche Blindheit weder beschreiben noch erklären. Darum bemühte er sich mit all seinen Kräften, den Kindern von den schönen, edlen, sonnigen Seiten des Lebens zu erzählen. Die Kinder aber waren hartnäckig, sie liessen sich nicht täuschen. Auf die Frage, wo man überhaupt solchen ehrlichen, wohlwollenden Menschenherzen begegnen konnte, wie sie Leo beschrieben hatte, schloss Leo seine traurigen, mit Tränen gefüllten Augen und erwiderte:
- Solchen gütigen und ehrlichen Herzen kann man nur bei euch Kindern begegnen! Allen anderen sage ich:
Wer sehen will - soll die Augen schliessen
Wer hören will - soll das Herz öffnen
Wer etwas sagen will - soll zuerst zuhören
Wer geliebt werden will - soll zuerst die anderen lieben.
Marijan Markotić
Alles neu macht der Mai !
Wir alle kennen gewiss das Volksgedicht «Alles neu macht der Mai.»
Kein anderer Monat im Jahr weckt schon beim Namen so viele heitere Gefühle und positive Gedanken in uns wie der Monat Mai.
Auch wenn im Mai nicht gerade alles neu wird, so doch vieles. Mit den «Eisheiligen» verabschiedet sich definitiv der Winter; die Natur verwandelt sich buchstäblich, der Frühling bringt Bäume und Pflanzen zum Blühen.
Aus diesem Anlass hat die Katholische Kirche den Monat Mai zum Marienmonat erklärt. Gottesmutter als Sinnbild für das Wunder der Natur, für das neue Leben. Hinter diesem Wunder spüren wir die gütige und segnende Hand Gottes, die uns das Leben schenkt und uns am Leben hält.
Für manche Menschen hat der Monat Mai eine ganz andere, vielleicht traurige und schmerzliche Bedeutung, weil sie z.B. eine schwere Diagnose oder einen bitteren Verlust hinnehmen müssen. Oder, andere fühlen sich mitten der Naturpracht sehr einsam und vergessen. Ihr Blick auf diese Welt ist getrübt, weil sie am Rande stehen und das Leben an ihnen vorbeigeht.
Wie auch unsere Lebenslage aussehen mag, gilt die Mai-Einladung an uns, die Schönheit der Natur zu bewundern und Gott zu loben und ihm zu danken.
„Alles neu macht der Mai,
macht die Seele frisch und frei.“
Ich wünsche Ihnen allen und mir selber, dass wir immer wieder die «grosse und ewige Schönheit» (Rainer M. Rilke) um uns und in uns wahrnehmen und bewahren mögen.
Marijan Markotić
(Publiziert im Pfarrblatt forum Nr. 09/2023, Seite Pfarrei Dreikönigen)
Von Osterfreude
Karfreitag und Ostern gehören zusammen, wie Leben und Tod, wie Tag und Nacht, wie Freude und Leid.
Kurz nach Ostern holt uns schnell der Alltag ein, so dass wir uns fragen: Wo ist die Osterfreude, woran merkt man sie? Ist das nur ein «Buschfeuer», das der erste Wind zu löschen vermag, oder ist es eine Feuerglut, die ein Leben lang brennt?
Die Osterfreude hat nicht nur mit dem Glauben zu tun, sondern vor allem mit einer tiefen Überzeugung und Ausstrahlung. Menschen, die aus Osterfreude herausleben, sind Menschen, die Hoffnung haben, dass Gott bei allem und in allem das letzte Wort hat. Sie vertrauen vorbehaltlos auf Gottes Zusage: Er wird die Seinen nicht im Stich lassen - «was immer kommen mag…»
Die Osterfreude kann man weder mit Geld kaufen noch mit Macht erzwingen; sie ist ein seelischer Zustand von Freude, Glück, Begeisterung und innerer Kraft, die trägt und prägt. Sie bildet Ausgangs-, Mittel- und Zielpunkt im Leben. Das Spiegelbild der Osterfreude ist ein Leben in Liebe und Dankbarkeit, ein Leben aus Gnade.
Marijan Markotić
(Publiziert im Pfarrblatt forum, Nr. 08/2023, Seite Pfarrei Dreikönigen)
Unter dem Kreuz aber dennoch im Licht
Wir begehen den Karfreitag immer im Wissen um Ostern. Dieses Wissen ist einerseits Trost, andererseits aber auch Gefahr, das Leiden und Sterben Jesu zu bagatellisieren nach dem Motto: „Es ist ja noch mal gut gegangen.“ Doch Ostern wird es nicht ohne das Erlösungshandeln Jesu am Karfreitag.
Auch zu und nach Ostern sollen wir das Kreuz nicht verleugnen. Denn der Blick auf das Kreuz Jesu kann helfen, die eigenen Kreuze im Leben zu tragen. Weil ich erfahre, dass ich nicht allein tragen muss. Dass Jesus mitträgt, weil auch er sein Kreuz getragen hat. Weil er das schwerste Kreuz getragen, ertragen hat, den Tod, gibt es kein Kreuz, das ihm fremd ist, gibt es keinen Ort, der von Gott verlassen wäre.
Und weil ich nur im Blick auf das Kreuz, auf das Dunkel das Licht des Ostermorgens wahrnehme. Wie soll ich Auferstehung feiern ohne vom Fallen, vom Scheitern, vom Sterben zu wissen? Die Frauen gehen am Ostermorgen zum Grab nicht in der Hoffnung auf Auferstehung, sondern um zu trauern, weil sie nicht lassen können von dem, den sie geliebt haben. Und sie gehen ins Licht dessen, der sie liebt.
Trotz Ostern stehen wir immer noch unter dem Kreuz;
doch nach Ostern stehen wir dort auch im Licht.
Welch ein Glück!
Michael Tillmann
Mehr als Träume
Ich träume ...
Ich träume von einer Kirche, die durchlässig ist wei eine gläserne Fabrik, in der Wärme und Offenheit über Taktik und Diplomatie siegen; die Ehrlichkeit über die Vertuschung.
Ich träume ...
Ich träume von einer Kirche, in der das Wort Gottes gelebt wird ohne Wenn und Aber.
Ich träume
Ich träume von einer Kirche, in der das Brot geteilt und der Wein verschenkt wird ohne Einschränkungen für alle, die es für ihr Leben nötig haben.
Ich träume ...
Ich träume von dieser Kirche und will alles dafür tun, dass sich die Träume endlich erfüllen.
Roland Breitebach, Sechs-Minuten-Predigten, Herder 2002
Wertschätzung im Alter
Gesellschaftlicher Kontext
In der heutigen Hochleistungsgesellschaft werden ältere Menschen oft als Belastung angesehen. Dies in vieler Hinsicht: Pensionskassen, AHV-IV, Gesundheitswesen, Pflege und Betreuungskosten, Alterswohnungen, Öffentlicher Verkehr usw. Besonders hilfsbedürftige und betagte Menschen, die auf spezielle Betreuung und Behandlung angewiesen sind, ernten nicht viel Sympathie, Akzeptanz und Wohlwollen. Zum Teil sind es wie «Parallelwelten»: der aktive, produktive Teil der Gesellschaft, und die «Nutzniesser»… Als Betroffener kommt man sich nutzlos vor, also nur eine Belastung für die Gesellschaft. Dabei fragt man sich, ob die Gesellschaft tatsächlich altersfreundlich sei?
Wert-Schätzung älterer Menschen
Wer ältere Menschen wirklich kennen- und schätzten lernt, wer ihr Vertrauen und Respekt gewinnt, der begegnet ihnen mit ganz anderen Augen: nämlich vorurteillos, mit offenem Herzen, mit Neugier und Dankbarkeit. Denn keine andere Generation – ausser Kindern - ist in der Lage, sich so zu zeigen, wie sie wirklich ist. Ältere Menschen müssen keinem was vormachen, vorspielen oder beweisen; sie sind innerlich frei, haben ihr Leben gelebt und wissen ganz genau, was im Leben wirklich zählt. Sie haben ihre Fehler eingesehen und stehen dazu; sie sehen aber auch all das Gute und Schöne, was sie verwirklichen und erleben durften. Erst im Alter haben sie voll begriffen, wie kostbar und einmalig das Geschenk des Lebens ist; und wie verschwenderisch und oberflächlich wir Menschen mit dem Leben im Alltag umgehen…
Umgang mit älteren Menschen
Wenn Menschen alt, zerbrechlich und hilfsbedürftig sind, wie bringt man ihnen die Wertschätzung entgegen? - Zuerst muss man die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen: eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens, der Achtung, des Respekts und der Liebe. Hand aufs Herz: Wenn wir im Alltag dem Schwachen, Zerbrechlichen und Hilfsbedürftigen begegnen, wie reagieren wir? Die meisten Menschen sind mit der Situation total überfordert: sie neigen dazu, wegzuschauen oder zu klagen, weil sie nicht wissen, was sie überhaupt tun sollen. Warum fällt das uns so schwer? – Wahrscheinlich, weil wir auch unbewusst mit eigener Schwäche, Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit konfrontiert werden.
Zuwendung
Und genau da liegt der Punkt: Statt davonzulaufen, sollten wir den Mut fassen und uns dem Hilfsbedürftigen zuwenden. Denn das, was alle Menschen gemeinsam haben, ist auch das, was uns verbindet. Wer mit Menschen arbeitet, der muss Menschen mögen. Der muss ein guter Menschen-Kenner sein und an das Gute in Menschen glauben. Vertrauen, Respekt, Achtsamkeit und Wertschätzung sind immer gegenseitig. Das ist zugleich das Schönste und das Wertvollste, was wir einem anderen Menschen überhaupt schenken können. Damit die Wertschätzung zum Ausdruck kommt, braucht es immer zwei dazu: Man kann nicht die Wertschätzung von anderen einfordern, ohne sie ihnen entgegen zu bringen.
Würdigung älterer Menschen
Es gibt ältere Menschen, die einmalig sind, die eine besondere Ausstrahlung haben. Auch nach dem Sonnenuntergang ihres Lebens, leuchtet weiterhin das Licht ihrer Liebe, Güte, Herzlichkeit und Wärme. Bei den kleinsten Erinnerungen an sie, wird es einem warm ums Herz. Sie sind für uns eine Art Leuchttürmer und Wegweiser von menschlichem Wachstum, von Weisheit, Reife, Tiefe und Weite. Sie sind ein Abbild von Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Wer einem solchen Menschen begegnet (ist), darf sich sehr glücklich schätzen. Das wird einem erst dann voll bewusst, wenn der liebe Mensch nicht mehr da ist...
Marijan Markotić (Publiziert im Pfarrblatt fourm, 15/2022, Seite Pfarrei Dreikönigen)
Die Sprache der Liebe
Anlässlich eines «hohen» Geburtstags sass eine Gruppe von Menschen am grossen Tisch in einem Pflegeheim und erzählte von schönen Erlebnissen und glücklichen Tagen aus vergangenen Zeiten. Der alte Mann sass im Rollstuhl und hörte aufmerksam zu. Nach einer Weile war er zutiefst gerührt und konnte die Tränen in seinen Augen nicht mehr aufhalten. Er verdeckte das traurige Gesicht mit beiden Händen und entschuldigte sich mit Worten:
- Ach, ist das nicht himmeltraurig, wenn Kopf und Geist voll da sind, aber der Körper nicht mehr mag?!
Während seine Frau ihn liebevoll an den Wangen und am Haar streichelte und ihm Mut machte, setzte er den Satz fast für sich fort:
- Tja, es wird kaum besser. Ich weiss selber nicht, wie es weiter gehen soll…?
Die versammelten Personen verstummten; keine(r) wagte oder wusste, was zu sagen. Wehmütig und tief berührt blickten sie alle ins Leere. Schliesslich sagte seine Frau ganz leise:
- Mein lieber Mann, ich weiss, dass ich leider nichts verändern kann. Niemand kann es verändern.
Ich werde dich aber nie alleine lassen! Auch diese lieben Menschen, die am Tisch sitzen, sind dir zuliebe gekommen, um zu feiern. Nimm bitte dieses Geschenk dankbar an und freue dich.
Die Sprache der Liebe verstehen alle, sprechen aber nur wenige!
Marijan Markotić
(publiziert im Pfarrblatt forum, 03/2023, Seite Pfarrei Dreikönigen)
Ich verneige mich
in einem von Gott und Mensch verlassenen Pinienpark in Süditalien, wo die Alten Boccia spielen und die Jungen herumhängen und «dolce far niente» treiben, kommt ein kleiner, geistig beeinträchtigter Mann und fängt an, die Laufbahn zu säubern.
Während dem die ganze «gesunde», ja selbstgenannte «normale» Welt systematisch wegschaut, nimmt der beeinträchtigte Mann
die Schaufel, den Rechen und den Besen in die Hand und packt es tüchtig an. Er macht das einzig Richtige - für das Gemeinwohl. Dabei bleibt er allein, «konkurrenzlos». Denn es kommt sonst keinem in den Sinn, ihm zu helfen, geschweige denn eine Drecksarbeit um Gotteslohn zu leisten.
Ich verneige mich vor diesem (und vielen anderen) kleinen-grossen Menschen und blicke beschämt auf unsere wahrlich beeinträchtigte Welt, die voller Vorurteile und
Indifferenz ist. Wie kann man an den gleichen Gott glauben, aber das Gebot der Inklusion (Zugehörigkeit) ignorieren?!
Ich verneige mich vor diesem einen Menschen und betrachte dieses Erlebnis im Spiegelbild meiner eigenen Beeinträchtigung.
Marijan Markotić
(Publiziert im Pfarrblatt forum, 20/2019, Rubrik «Meine Sternstunde»)