Geschätzte Besucherinnen und Besucher unserer Homepage 

Wir präsentieren Ihnen eine neue Rubrik mit dem Übertitel «Leben Glauben Hoffen».

Wir laden Sie  herzlich ein uns  eigene Texte und Bilder bezüglich persönlicher Glaubenserfahrungen, Reflexionen, Gebete und Meditationen zuzusenden. 
Mit diesen Beiträgen möchten wir neuen, zeitgemässen Formen der Spiritualität Raum geben und somit den Gemeinschaftssinn stärken. 
Auch wertvolle Hinweise oder Impulse zu den spirituell-kulturellen Anlässen im Furttal oder in der Region Zürich sind willkommen. 

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Mehr als Träume

Ich träume ...

Ich träume von einer Kirche, die durchlässig ist wei eine gläserne Fabrik, in der Wärme und Offenheit über Taktik und Diplomatie siegen; die Ehrlichkeit über die Vertuschung.

Ich träume ...

Ich träume von einer Kirche, in der das Wort Gottes gelebt wird ohne Wenn und Aber.

Ich träume

Ich träume von einer Kirche, in der das Brot geteilt und der Wein verschenkt wird ohne Einschränkungen für alle, die es für ihr Leben nötig haben.

Ich träume ...

Ich träume von dieser Kirche und will alles dafür tun, dass sich die Träume endlich erfüllen.

Roland Breitebach, Sechs-Minuten-Predigten, Herder 2002

Wertschätzung im Alter

Gesellschaftlicher Kontext

In der heutigen Hochleistungsgesellschaft werden ältere Menschen oft als Belastung angesehen. Dies in vieler Hinsicht: Pensionskassen, AHV-IV, Gesundheitswesen, Pflege und Betreuungskosten, Alterswohnungen, Öffentlicher Verkehr usw. Besonders hilfsbedürftige und betagte Menschen, die auf spezielle Betreuung und Behandlung angewiesen sind, ernten nicht viel Sympathie, Akzeptanz und Wohlwollen. Zum Teil sind es wie «Parallelwelten»: der aktive, produktive Teil der Gesellschaft, und die «Nutzniesser»… Als Betroffener kommt man sich nutzlos vor, also nur eine Belastung für die Gesellschaft. Dabei fragt man sich, ob die Gesellschaft tatsächlich altersfreundlich sei? 

Wert-Schätzung älterer Menschen 

Wer ältere Menschen wirklich kennen- und schätzten lernt, wer ihr Vertrauen und Respekt gewinnt, der begegnet ihnen mit ganz anderen Augen: nämlich vorurteillos, mit offenem Herzen, mit Neugier und Dankbarkeit. Denn keine andere Generation – ausser Kindern - ist in der Lage, sich so zu zeigen, wie sie wirklich ist. Ältere Menschen müssen keinem was vormachen, vorspielen oder beweisen; sie sind innerlich frei, haben ihr Leben gelebt und wissen ganz genau, was im Leben wirklich zählt. Sie haben ihre Fehler eingesehen und stehen dazu; sie sehen aber auch all das Gute und Schöne, was sie verwirklichen und erleben durften. Erst im Alter haben sie voll begriffen, wie kostbar und einmalig das Geschenk des Lebens ist; und wie verschwenderisch und oberflächlich wir Menschen mit dem Leben im Alltag umgehen… 

Umgang mit älteren Menschen 

Wenn Menschen alt, zerbrechlich und hilfsbedürftig sind, wie bringt man ihnen die Wertschätzung entgegen? - Zuerst muss man die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen: eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens, der Achtung, des Respekts und der Liebe. Hand aufs Herz: Wenn wir im Alltag dem Schwachen, Zerbrechlichen und Hilfsbedürftigen begegnen, wie reagieren wir? Die meisten Menschen sind mit der Situation total überfordert: sie neigen dazu, wegzuschauen oder zu klagen, weil sie nicht wissen, was sie überhaupt tun sollen. Warum fällt das uns so schwer? – Wahrscheinlich, weil wir auch unbewusst mit eigener Schwäche, Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit konfrontiert werden. 

Zuwendung  

Und genau da liegt der Punkt: Statt davonzulaufen, sollten wir den Mut fassen und uns dem Hilfsbedürftigen zuwenden. Denn das, was alle Menschen gemeinsam haben, ist auch das, was uns verbindet. Wer mit Menschen arbeitet, der muss Menschen mögen. Der muss ein guter Menschen-Kenner sein und an das Gute in Menschen glauben. Vertrauen, Respekt, Achtsamkeit und Wertschätzung sind immer gegenseitig. Das ist zugleich das Schönste und das Wertvollste, was wir einem anderen Menschen überhaupt schenken können. Damit die Wertschätzung zum Ausdruck kommt, braucht es immer zwei dazu: Man kann nicht die Wertschätzung von anderen einfordern, ohne sie ihnen entgegen zu bringen. 

Würdigung älterer Menschen

Es gibt ältere Menschen, die einmalig sind, die eine besondere Ausstrahlung haben. Auch nach dem Sonnenuntergang ihres Lebens, leuchtet weiterhin das Licht ihrer Liebe, Güte, Herzlichkeit und Wärme. Bei den kleinsten Erinnerungen an sie, wird es einem warm ums Herz. Sie sind für uns eine Art Leuchttürmer und Wegweiser von menschlichem Wachstum, von Weisheit, Reife, Tiefe und Weite. Sie sind ein Abbild von Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Wer einem solchen Menschen begegnet (ist), darf sich sehr glücklich schätzen. Das wird einem erst dann voll bewusst, wenn der liebe Mensch nicht mehr da ist... 

Marijan Markotić  (Publiziert im Pfarrblatt fourm, 15/2022, Seite Pfarrei Dreikönigen)


Die Sprache der Liebe  

Anlässlich eines «hohen» Geburtstags sass eine Gruppe von Menschen am grossen Tisch in einem Pflegeheim und erzählte von schönen Erlebnissen und glücklichen Tagen aus vergangenen Zeiten. Der alte Mann sass im Rollstuhl und hörte aufmerksam zu. Nach einer Weile war er zutiefst gerührt und konnte die Tränen in seinen Augen nicht mehr aufhalten. Er verdeckte das traurige Gesicht mit beiden Händen und entschuldigte sich mit Worten:

 



- Ach, ist das nicht himmeltraurig, wenn Kopf und Geist voll da sind, aber der Körper nicht mehr mag?! 

 

Während seine Frau ihn liebevoll an den Wangen und am Haar streichelte und ihm Mut machte, setzte er den Satz fast für sich fort:

 

- Tja, es wird kaum besser. Ich weiss selber nicht, wie es weiter gehen soll…? 

 

Die versammelten Personen verstummten; keine(r) wagte oder wusste, was zu sagen. Wehmütig und tief berührt blickten sie alle ins Leere. Schliesslich sagte seine Frau ganz leise:


- Mein lieber Mann, ich weiss, dass ich leider nichts verändern kann. Niemand kann es verändern. 

Ich werde dich aber nie alleine lassen! Auch diese lieben Menschen, die am Tisch sitzen, sind dir zuliebe gekommen, um zu feiern. Nimm bitte dieses Geschenk dankbar an und freue dich.

 

Die Sprache der Liebe verstehen alle, sprechen aber nur wenige! 


Marijan Markotić

(publiziert im Pfarrblatt forum, 03/2023, Seite Pfarrei Dreikönigen)

Ich verneige mich

in einem von Gott und Mensch verlassenen Pinienpark in Süditalien, wo die Alten Boccia spielen und die Jungen herumhängen und «dolce far niente» treiben, kommt ein kleiner, geistig beeinträchtigter Mann und fängt an, die Laufbahn zu säubern. 
Während dem die ganze «gesunde», ja selbstgenannte «normale» Welt systematisch wegschaut, nimmt der beeinträchtigte Mann 



die Schaufel, den Rechen und den Besen in die Hand und packt es tüchtig an. Er macht das einzig Richtige - für das Gemeinwohl. Dabei bleibt er allein, «konkurrenzlos». Denn es kommt sonst keinem in den Sinn, ihm zu helfen, geschweige denn eine Drecksarbeit um Gotteslohn zu leisten.
 Ich verneige mich vor diesem (und vielen anderen) kleinen-grossen Menschen und blicke beschämt auf unsere wahrlich beeinträchtigte Welt, die voller Vorurteile und  

 Indifferenz ist. Wie kann man an den gleichen Gott glauben, aber das Gebot der Inklusion (Zugehörigkeit) ignorieren?!

 

Ich verneige mich vor diesem einen Menschen und betrachte dieses Erlebnis im Spiegelbild meiner eigenen Beeinträchtigung.
 
Marijan Markotić

(Publiziert im Pfarrblatt forum, 20/2019, Rubrik «Meine Sternstunde»)